Der SPIEGEL, Nr.23, Juni 94 Geheimnisvolle Toilettenbrille
Werbeplakat für "Das Mariasyndrom"
Michael Schmidt-Salomon, 27, Dozent an der Universität Trier, darf in seiner
Heimatstadt dem Pop-Star Frank Zappa kein musikalisches Denkmal setzen. Der Pädagoge
wollte am 28. Mai ein "Rock-Comical" mit dem Titel "Das Maria-Syndrom"
("Dedicated to the Balls of Frank Zappa") als Hommage an den verstorbenen
Künstler zur Uraufführung bringen. In weitläufiger Anspielung auf die unbefleckte
Empfängnis der Gottesmutter wird in dem Stück eine der Darstellerinnen mit
"keusch-klerikalen Novizinnen-Arsch" durch Sperma auf einer Toilettenbrille
geschwängert. Die Stadt Trier erließ gegen die Aufführung eine Ordnungsverfügung. Es
sei "Gefahr im Verzuge" und es drohe eine bösartig-satirische Verfremdung der
dem katholischen Glauben eigenen Marienverehrung. Die Darstellung Gottes in Gestalt einer
geheimnisvoll illuminierten Toilettenbrille" könne, so die Stadtväter, aus Gründen
der öffentlichen Sicherheit nicht hingenommen werden. Hierfür spreche auch "daß
das Bistum Trier . . . bereits ein Ersuchen um präventives Eingreifen... gestellt
hat". Autor Schmidt-Salomon fühlt sich mißverstanden. Die vom Ordnungsamt
inkriminierten Textpassagen in der Gossensprache dienten der "überspitzten
Charakterisierung" einer Bühnenfigur, "die nicht eben durch besondere
intellektuelle Fähigkeiten glänzen soll."